»So amüsant kann ein Mord sein« – Nassauische Neue Presse, 15. September 2010

Nassauische Neue Presse, 15.09.2010
So amüsant kann ein Mord sein
Das war alles andere als alltäglich: Das Improvisationstheater «Subito!» war in der Evangelischen Schlosskirche Hadamar und bot Unterhaltung vom Allerfeinsten.Hadamar. Zurücklehnen und berieseln lassen? Nein, das gab es hier nicht! Bei diesem Stück musste man hellwach sein. Das Publikum wurde nämlich in das Theaterstück einbezogen – so läuft das bei «Subito!», dem Improvisationstheater aus Wiesbaden. Und das kam an: Lautes Gelächter, Schmunzler und Spannung inklusive.
Mittendrin im Geschehen: Das Publikum freute sich im Saal der Schlosskirche über Schauspieler Bernhard Mohr. Foto: Quirein
Kein Drehbuch, kein auswendig gelernter Text. Stattdessen engagierte Darsteller, Improvisation, trockener Humor und Wortwitz. Verstärkt durch Uwe Oberg am Klavier. Doch bevor es richtig losging, durften die leider nicht in allzu großer Zahl erschienenen Zuschauer die Charaktere der Darsteller mitbestimmen. Dazu fragten die Darsteller nach dem Namen der ersten Liebe, nach Geschäften, ortsansässigen Ärzten und Autos. Dann wurde aus unzähligen Brillen, Kopfbedeckungen und Kleidungsstücken das Passende gewählt. Und voilà: Drei unkonventionelle Persönlichkeiten waren geboren: Die experimentierfreudige Psychologin Bröseliese Schwappawallawa (Helga Liewald), die auch «Mutti» spielte. Die strenge Altenpflegerin Christine Wurm (Valerie Lecarte), die auch als neurotische Clara begeisterte und der Kutscher Karl Pauly (Bernhard Mohr), der nur gegen einen Gefahrenzuschlag Richtung Niederhadamar fährt. Diese verqueren Charaktere verstrickten sich mit Hilfe einiger vom Publikum vorgegebener Gegenstände in die abenteuerlichsten Geschehnisse, die die Darsteller mit «Interna aus Hadamar» auffrischten: Da blieb kein Auge trocken.Die Handlung: Dass ein Mord geschehen würde, das wussten Zuschauer und Schauspieler – aber die Zusammenhänge waren nicht bekannt. Die Schauspieler erfuhren sie erst während des Stückes mit Hilfe eines Umschlags. So wird jeder Auftritt von «Subito!» zu einem Unikat. Im «Hadamarer Krimi» fanden die Kommissare (Christiane Krüger-Blum und Marcus Reichardt) heraus, dass der Tote an einem Schnellkochtopf und einer Überdosis Gummibärchen gestorben war. Der Mann, er arbeitete als Lover-Boy im Altenheim, hatte eine Bibel im Mund, als er direkt neben der Geisterbahn auf der Mannebacher Kirmes gefunden wurde. Zuvor war dort der Hauptverdächtige Pauly mit seiner Kutsche durchgerast. Warum hat die unsensible Altenpflegerin zwei Millionen auf dem Konto, was macht ein Lover-Boy im «Sonnengruß», und wer war wann bei «Mutti»? Fragen über Fragen, deren Antworten sich die Kommissare mit teilweise derben Sprüchen, vor allem aber mit grenzenloser Kreativität und Spielfreude näherten. Für schwache Nerven war das nichts, wer aber eigenwilligen Humor mag, konnte es kaum besser treffen und wird beim nächsten Mal wieder in der ersten Reihe sitzen wollen.© 2010 Nassauische Neue Presse
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