»Gäste spielten begeistert mit« – 1. Oktober 2002 / Wiesbadener Kurier

Nachrichten aus der Region

Gäste spielten begeistert mit
„Subito“ gingen Ideen für Lorcher Geschichten nicht ausVom 01.10.2002

Lorch. (dre) Lorcher Geschichten brachte das Improvisationstheater „Subito“ im Rahmen der Lorcher Kulturtage im Weingut Laquai auf die Bühne. Den Stoff steuerten die Lorcher bei, die den Stegreifschauspielern immer neue Stichworte lieferten.
Ein gewagtes Experiment war der Abend mit der Wiesbadener Gruppe „Subito“ gleich in zweifacher Weise: Würde das Publikum das Angebot Improvisationstheater annehmen und dafür auch noch den Weg zur Kelterhalle des Weinguts Laquai im Wispertal auf sich nehmen? Der Verantalter, der Kultur- und Heimatverein, zitterte umsonst: Mit rund 120 Gästen war die Kelterhalle nicht nur rappelvoll, das Publikum war begeistert davon, was Christiane Blum, Jürgen List und Peter Fischer – von Michael Bibo am Keyboard begleitet – auf der Bühne boten.Spontan verwandelten sich die Zuschauer, von denen keine zehn schon mal Improvisationstheater gesehen hatten, in Mitakteure. Zuvor hatten die Stegreifschauspieler erläutert, dass keiner Angst haben müsse, auf die Bühne geholt zu werden. Gefragt waren aus dem Publikum lediglich Vorgaben. Auf Fragen, wo die nächste Szene spielen, welches Thema sie behandeln oder welche Person im Mittelpunkt stehen sollte, prasselte es Zurufe. Das, was auf der Bühne daraus gemacht wurde, fand viele Lacher. Da beichtete Fischer in der Lorcher Kirche, eine Brauerei im Wispertal eröffnet zu haben und outete sich Blum als Alkoholikerin im Lorcher Gesangverein, um wenig später als junge Frau Fischer anzubeten, bevor er infolge des Genusses von Lorcher Trester einen Herzinfarkt erlitt und starb – alles auf Wunsch des Publikums, das über den Ausgang der selbst vorgeschlagenen Geschichten ein ums andere Mal selbst überrascht wurde.

Wie verschieden sich die Vorgaben aus dem Pubilim auslegen ließen, bewies „Subito“ mit einer Sohn-spült/Vater-kehrt-nach-Jahren-heim-Szene, die im ersten Anlauf normal, im zweiten mit tödlichem Hass und im dritten mit schwülstiger Sehnsucht jedes Mal völlig anders wirkte.

Über den Sex von Schmetterlingen ließ sich das Publikum auf Turkmenisch in absurder deutscher Übersetzung so fröhlich informieren wie – in 26 Abc-Sätzen – über die Nöte einer Familie mit dem verstopften Klo oder den Traum von König Retzi, im Hilchenhaus zu residieren. Zu improvisierten Stücken von Michael Bibo am Keyboard kreierten die drei Akteure zudem neue Lieder.

Während eine Szene die andere jagte, bedauerten die Gäste nur eins: dass alle, auch besonders treffende, bissige und gut gelungene, nie wieder zu sehen und hören sind. Auf diese echte Form des Improvisationstheaters legt die 1995 gegründete Gruppe „Subito“ Wert, die regelmäßig im Wiesbadener Thalhaus auftreten und in der Nachfolge des amerikanischen Improvisationstheaters stehen.

Jürgen List ist Schauspieler. Christiane Blum ist Pädagogin, wenn sie nicht auf der Bühne steht, Peter Fischer Architekt, Michael Bibo studiert Musik. „Impro lebt davon, dass man den Leuten aufs Maul schaut“, betont Blum, der sich über den nicht selbstverständlichen, aber wichtigen Einsatz des Publikums freute. Für die Gäste war umgekehrt klar, dass das nicht ihr letzter Besuch im Improvisationstheater war.

X