»Verführung von A bis Z« – 22. Juli 2006 / Darmstädter Echo

Darmstädter Echo, 22.07.2006
Verführung von A bis Z
Improvisationstheater: Schauspieler von „Subito“ spielen nach Anweisung des PublikumsVon Sara Reith

„Wenn wir Freiwillige auf die Bühne holen, dann immer aus der letzten Reihe“, flachsen die Akteure von „Subito“ angesichts leerer Stühle direkt vor der Bühne. Doch die Besucher des Improvisationstheaters am Donnerstag im kleinen Festungshof mussten keine Angst haben, bloßgestellt zu werden. Mit Charme und Witz brachten die Schauspieler das Publikum zum kollektiven Räkeln in der abklingenden Hitze und sorgten zudem noch für wohlklingende Laute bei der anschließenden Gruppenmassage. Die Formation aus Wiesbaden, in Rüsselsheim mit vier Akteuren zu Gast, hatte nach wenigen Minuten die Sympathien auf ihrer Seite. Zorn, Neid, Sanftmut, Gelassenheit, Hochmut, Trauer, Wollust und Freude – acht Empfindungen, aus dem Publikum gesammelt, verpackt in einer Hochzeitsszene und untermalt mit Musik – das Ergebnis ist ein improvisierter Schlagabtausch höchster Güte. Christiane Krüger-Blum und Helga Liewald überzeugen alleine schon mit skurriler Gestik und perfekter Körpersprache, Michael Bibo sorgt für die musikalische Untermalung am Keyboard.

„Was sie heute hier sehen, wird niemals wieder in solcher Form aufgeführt werden“, versprechen die Schauspieler und beweisen ihr Talent mit blitzschneller Umsetzung von Vorschlägen aus dem Publikum. Fünf-vier-drei-zwei-eins, los! Peter Fischer tritt in Aktion. Als Proll mit einem silbernen Opel-GT will er seine Freundin verführen, doch der Autoschlüssel lässt sich nicht finden. Das besondere an der vom Publikum verordneten Szene: Die Schauspieler sprechen nach dem Alphabet: Bei A fängt die Szene an, bei Z hat sie zu Ende zu sein.

Im tragisch-pathetischen Kampf gegen Hitzschlag mit Opernallüren und Wagner-Musik beweisen die Schauspieler Sangeskünste, und die Geschichte der achtzigjährigen Annemarie, die säuft, sich für Gott hält und schließlich die gescheiterte, zur Altenpflege verpflichtete Studentin mit dem debilen Oberpfleger verkuppelt, wird auf Zuruf mit Balladen untermalt. Nachdem das Gastspiel im „Rind“ vor Wochen mangels Zuschauern abgesagt worden war, bekamen „Subito“ am Donnerstag vor 40 Gästen beim Kultursommer die Gelegenheit, ihr Können zu beweisen – ganz spontan, versteht sich.

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