Wormser Zeitung, 30.10.2007 | |
„Krimi mit Fön-Orgien auf der Parkbank“ Wiesbadener Improvisationstheater „Subito!“ gastiert im Lincoln-Theater / Mörder per Losentscheid ermitteltVon Yasmin Hameed
Die Zutaten für einen guten Krimi sind denkbar einfach: Neben der obligatorischen Leiche braucht es einen perfiden Mordplan, der nach und nach aufgedeckt wird, einen möglichst irren Mörder unter den Verdächtigen und jede Menge falsche Fährten, die das Mitraten spannend machen. Das Wiesbadener Improvisationstheater „Subito!“, das am Sonntagabend im Lincoln gastierte, schüttelt all das buchstäblich aus dem Handgelenk: Keine zuvor festgelegte Rollen und kein Drehbuch geben vor, was während ihres Theaterkrimis passieren wird. |
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Einen etwas anderen Theater-Krimi – temporeich, voll schräger Komik und unter Beteiligung des Publikums – servierte das Wiesbadener Improvisationstheater „Subito!“ den Zuschauern im Lincoln-Theater. Foto: Michael Deines / masterpress |
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Fest steht nur, so die Garantie des Ensembles: In den folgenden 90 Minuten werden die Zuschauer, die ihre Hände hier keineswegs in Unschuld waschen dürfen, auf mindestens eine Leiche und natürlich den Mörder treffen, den sie zuvor mit den anderen beiden Hauptverdächtigen selbst „entworfen“ haben. Auf Zuruf entstehen so die höchst komplexen Persönlichkeitsbilder der Protagonisten. Und den Mörder macht schließlich der Zufall des Losentscheids zu selbigem.Nach nur 20 Minuten sind damit die wesentlichen Voraussetzungen für das folgende Bühnengeschehen geklärt: Der fettleibige Bäckermeister August Marman sowie die Schulabbrecherin Solweig und Bestatterin Maike Klett werden die Hauptfiguren bilden, und einer von ihnen muss für den Mord auf dem Friedhof verantwortlich sein. Vom Fund einer Leiche, geschweige denn der Aufklärung eines komplexen Kriminalfalls, scheint man zu diesem Zeitpunkt zwar noch Stunden entfernt.Dem besonderen Reiz des Improvisationstheaters kann sich jedoch bereits kaum ein Zuschauer entziehen. Schon die interaktiven Vorbereitungen mit den kuriosen Indizienzetteln, die das Publikum entworfen hatte, sorgten für Schmunzeln bis hin zu lautstarken Lachattacken. Welch irrwitzige Wendungen die Geschichte im Einzelnen nimmt und wie dabei unter anderem eine verschluckte Augenklappe, Fön-Orgien auf der Parkbank oder Oktopussalat zu wichtigen Indizien werden, lässt sich bereits zum Ende des Stücks kaum mehr schlüssig nachvollziehen und stürzt die Darsteller selbst von Zeit zu Zeit in Verwirrung: „Das klingt abstrus“, kommentiert der Kommissar mit unterdrücktem Lachen seine eigene Theorie, während die schlagfertige Antwort seiner Bühnenkollegin nicht lange auf sich warten lässt: „Ja, das dachte ich auch erst, aber wir sind in Worms.“
Überhaupt: Geschickt platzierte Witze und kleine Bösartigkeiten rund um die Nibelungenstadt sind ebenso fester Bestandteil des Theaterkrimis, wie die fast beiläufige, aber ungemein gelungene musikalische Untermalung. Und der Mörder? Der wird mit dem psychisch labilen Bäcker am Ende dank der kuriosen Seitenhandlungen zwar fast zur Nebensache, letztlich aber doch überführt. |